Die Angst dein heimlicher Begleiter | Patient Chiru

Mittwoch, Oktober 21, 2015

Es ist 4 Uhr morgens – unruhig liege ich in meinem Bett  und horche was Chiru macht.  Normalerweise ist es  schön morgens wach zu werden.   Chiru springt immer sofort auf, wenn er merkt, dass ich mich bewege und  begrüßt  mich mit einem nassen Hundeschmatzer. Momentan ist alles anders. Gerade morgens fällt ihm das Aufstehen schwer und er schreit häufig  schon aus Angst vor dem Schmerz. Ich wiederum  habe Angst vor dem Schrei  und bin froh, dass es noch so früh ist und ich mich der Situation noch nicht stellen muss.



So gut wie möglich versuche ich mich nicht zu bewegen, damit Chiru nicht wach wird.  Schreit er aus Angst oder vor Schmerz – das Gedankenkarussell beginnt sich zu drehen. Obwohl ich langsam wieder einschlafe nehme ich jede Bewegung  und jedes Geräusch von Chiru neben dem Bett wahr.  Ein Blick auf den Wecker: 6.30 Uhr  - eigentlich sind es noch 30 Minuten bis ich aufstehen müsste. Ein vorsichtiger Blick wo Chiru ist. Liegt er noch in seine Ecke und hat sich nicht bewegt – ein schlechtes Zeichen. Zum Glück sitzt er schon neben mein Bett. „Angriff ist die beste Verteidigung“ – also raus aus dem Bett, bevor ich noch eine halbe Stunde Panik habe, ob heute ein guter oder schlechter Tag mit seinem Rücken wird und er schon direkt beim Aufstehen das erste Mal  schreit.  Innerhalb weniger Sekunden versuche ich zu checken, ob ich es wagen kann, ihn die Treppe selber runterlaufen zu lassen oder ihn lieber Trage. Ein innerlicher Kampf und ein Abwägen. Treppenlaufen,  besonders runter schadet -  beim Hochheben schreit er sehr oft und mag es nicht. Wieder schleicht sich die Angst an und Chiru beobachtet mich irritiert und versucht ebenfalls die Lage einzuschätzen. In Zeitlupe betrachtet bestimmt ein lustiger Anblick – Sali die sich vorsichtig nähert und Chiru der mit einem sportlichen Hechtsprung versucht vor ihr an der Treppe zu sein. Heute bin ich der Sieger und vorsichtig trage ich Mr. Wichtig runter. Endlich ist es geschafft – wir sind draußen auf der Morgenrunde und ich kann durchatmen. Draußen läuft Chiru problemlos und munter werden die „Zeitungsstandorte“ abgeklappert. 



Während meines Arbeitstages liegt Chiru in meinem Büro in seiner Ecke und die Angst schleicht sich immer wieder still und leise an. „Wo kommen die Schmerzen  nur her“,  ob ich doch noch Homöopathisch etwas machen kann? Lieber noch einmal schnell im Internet nachschauen, ob ich einen  wichtigen Hinweis oder guten Rat bisher übersehen habe. Arnica D6 soll sogar als Schmerzmittel wirken, also schnell zum Hörer gegriffen und bei der Apotheke angerufen ob es vorrätig ist. Klar, muss bestellt werden … zum Glück kann ich es aber um 16 Uhr abholen. Chiru möchte es sich zwischenzeitlich auf „seiner“ Relax Liege bequem machen.  Das fehlte mir noch denke ich, was beim Herunterspringen alles passieren kann! Also schnell die Liege runter in das andere Zimmer gestellt.  Eigentlich würde Chiru jetzt viel lieber  vom Schlafzimmer aus, das Haus bewachen und fängt an sich zu langweilen. Ich will in jedoch im Blick behalten, um unnötiges  springen und Treppenlaufen zu vermeiden. Wie beschäftigt man einen Rückenkranken Hund? Also darf Mr. Wichtig ausnahmsweise meinen Papierkorb ausräumen und das Papier zerkleinern.   Ein Blick auf die Uhr: Zeit für die Mittagsrunde und uns trennen genau 68 Treppenstufen bis zur Haustür. Ich muss Chiru wieder hochheben und er könnte wieder schreien. Da Chiru weiß dass er auf der kurzen Distanz keine Chance gegen mich hat, versucht er es mit der Tatik „Flache Flunder“ und legt sich so auf den Boden, dass ich ihn nicht hochheben kann.  Aber   bei diesem Kampf bin ich der Sieger und  wir schaffen es ohne Probleme ins Erdgeschoss zu kommen. 




Den restlichen Nachmittag verbringe ich mit Büroarbeit und lesend. Chiru hat eine neue Lieblingsbeschäftigung gefunden – an sich selber rum zu knabbern.  Die ständige Aufmerksamkeit von mir und meine innere Unruhe fängt an sich auch auf ihn zu übertragen. Eigentlich wären wir heute Nachmittag mit Claudi und Raja unterwegs gewesen. In den letzten Tagen musste ich alle unsere Verabredungen absagen. Die Ärztin aus der Tierklinik hat mir geraten  ihn zu schonen. In solchen Situationen wird mir immer wieder richtig bewusst wie viele Sozialkontakte und Freundschaften ich nur durch Chiru habe und wie sehr meine Freizeit auf ihn ausgerichtet ist.  

Abends um 21 Uhr haben Chiru und ich es geschafft, die Gassirunden hinter uns zu bringen, die Stufen zu vermeiden und ihn zu schonen.  Auf unser Lieblingsritual müssen wir auch verzichten, leider. Normalerweise tobe ich mit Chiru nach dem Abendspaziergang noch ein wenig und er darf quer über das Bett hopsen. Dabei quitscht er dann auch – aber vor Vergnügen… Traurig schaut Chiru mich an, als ich ihn direkt ins sein Körbchen schicke. Zum Trost gehe ich gleich mit schlafen. Bewaffnet mit Tablet und Handy informiere ich mich über das Thema „Rückenleiden beim Hund“ auf diversen Internetseiten.  Nach einer Stunde querlesen   durch verschiedene  Hundeforen sitzt mir die Angst wieder im Nacken. Hoffentlich kein Krebs? Was ist wenn Chiru unheilbar erkrankt ist und die Beschwerden zur vollständigen Lähmung führen?  Nach einer weiteren Stunde kenne ich die Unterschiede zwischen Rheuma, Arthrose und Spodylose und habe das Gefühl, dass alle Merkmale genau auf meinem Hund zutreffen.  Chiru schlummert zum Glück entspannt neben meinem  Bett.  Auf dem Rücken liegend streckt er alle Beine von sich und ich höre kleine Schnarchlaute von ihm. Morgen lasse ich mich von der Angst nicht unterkriegen nehme ich mir beim Einschlafen fest vor… ich hoffe es gelingt mir.

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Viele von euch kennen bestimmt diese Angstspirale in der man sich schnell befindet wenn der Hund krank ist. Ich stelle bei mir fest, dass ich mit Chirus zunehmenden Alter immer panischer reagiere. Für andere habe ich in solchen Situationen immer viele tolle Ratschläge – sies elber in der Situation umzusetzen fällt mir aber sehr schwer. Damit die Angst mich aber nicht vollkommen im Griff hat versuche ich in den nächsten Tagen:

  • Internetrecherchen sind tabu, solange die genaue Diagnose für Chirus Rücken nicht feststeht.
  • Anstatt nur Chirus „Hausapotheke“ aufzurüsten, habe ich eine große Schachtel Baldrian für mich gekauft ;-)
  • Ich kann Chiru nicht Watte packen und er wird auch mal springen und auch die Treppe laufen – Punkt.
  •  So schön ich es empfinde selber verwöhnt zu werden, wenn ich krank bin – die meisten Hunde irritiert und verunsichert es. Die Möglichkeit sich zurückziehen zu können ist gerade für Chiru wichtig. Also bleibt er ab sofort wie gewohnt in seinem Körbchen im Schlafzimmer, wenn er es möchte während ich oben arbeite.

Kleines gesundheitliches Update wie es Chiru geht:

Danke für die vielen lieben Kommentare hier auf dem Blog mit den vielen wertvollen Tipps. Es ist immer ein schönes Gefühl mit seinen Ängsten nicht alleine zu sein. Seit Sonntag bekommt er keine Schmerztabletten mehr. Ganz der „Alte“ ist er aber leider immer noch nicht. Er bekommt jetzt MSM (Methylsuffonylmethan), Grünlippmuschel und Arnica D6 für seinen Rücken. Montagnachmittag habe ich mit ihm den ersten Termin bei einer Physiotherapeutin und gemeinsam mit ihr werde ich dann die nächsten Untersuchungen und Behandlungen planen.

Wie geht ihr mit der Situation kranker Hund um? Hat die Angst euch auch voll im Griff oder schafft ihr es sie nicht an euch heranzulassen? Was hilft euch dabei mit dem Thema Krankheit umzugehen?

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9 Kommentare

  1. Ich kann deine Sorgen und Ängste gut nachvollziehen. Da ich ja auch seit Tagen involviert bin erhoffe ich mir viel von dem Termin am Montag.Es ist immer schwer gute Ratschläge zu geben.Aber ich denke oft hilft schon über seine Ängste und Sorgen zu reden.So lapidar es vielleicht klingt, kannst du im Moment wirklich nur den Montag abwarten.Du weisst,das es von mir kein Oberlehrergeschwätz ist,aber du musst versuchen selbst runterzukommen.Das ist schwer.Ich weiß wovon ich rede und es hilft keinem von euch weiter, wenn du nur noch im Internet schaust. Wir haben alles recherchiert und jetzt kannst du nur abwarten.Mr.Wichtig ist sehr feinfühlig und auf dich fixiert, so dass er deine Unruhe spürt.
    Klar,dass sich die Tage jetzt ziehen...Aber versuch "deine selbsternannten Regeln"einzuhalten.Beim Baldrian drücke ich die Daumen....Auf jeden Fall bin ich in Gedanken bei euch und wünsche Chiru gute Besserung!!!

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    1. Danke Micky - du bist die Weltbeste Schwester und ich bin froh dich zu haben!!!
      Dicken Schmatzer
      deine Bine

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  2. Oh ja, das Frauchen kann sich gut vorstellen, wie es dir geht. Wir hatten solche Extremsituationen zum Glück noch nicht, bzw. hat der Doc alles immer sehr schnell wieder in den Griff bekommen. Aber ich wette, Frauchen würde auch ständig von der Angst begleitet werden.

    Deshalb drücken wir weiter alle Daumen und Pfötchen, auf dass Chiru ganz schnell wieder gesund wird.

    Wuff-Wuff euer Chris

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    1. Danke für deine lieben Worte Britta!
      Liebe Grüße
      Sali

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  3. Oh je - wir drücken weiterhin die Daumen und hoffen auf eine Besserung.

    ♥♥♥Bente + Monika

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    1. Vielen lieben Dank Monika! Mir hatte es schon geholfen mir den ganzen Frust von der Seele zu schreiben und jetzt fühle ich mich schon besser!
      Liebe Grüße
      Sali

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  4. Deine Angst kann ich sehr gut verstehen. Ich reagiere mittlerweile genauso. Lotte ist neuneinhalb Jahre alt, hat exokrine Pankreasinsuffizienz und als sie vor fast zwei Wochen anfing zu kränkeln, schossen mir sämtliche bösen Gedanken durch den Kopf. Wir waren dreimal in einer Woche beim Tierarzt und ich war nur noch ein Nervenbündel. Fit ist sie immer noch nicht und die Angst bleibt.
    Wir wünschen Chiru gute Besserung und drücken ganz fest die Daumen das er wieder gesund wird und keine Schmerzen hat.
    Liebe Grüße vom Emma und Lotte Frauchen

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    1. Ohje Bauspeicheldrüse... dann kann ich mir sehr gut vorstellen was auch bei euch die letzten Tage los war. Ich finde es total lieb, dass du trotz eigener Sorgen und Kummer immer bei uns einen Kommentar hinterlassen hast. Wir drücken euch auch ganz fast die Daumen, dass es Lotte bald wieder besser geht.
      Liebe Grüße
      Sali

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  5. Wir waren die letzten Wochen so im Stress, dass wir völlig verpasst haben, dass es Chiru nicht gut geht. Umso betroffener sind wir jetzt. Der arme Kerl. Wir wünschen ihm gute Besserung!
    Deine Sorgen und Ängste, kann ich nur zu gut nachvollziehen, liebe Sali. Wünsche dir viel Kraft!
    Alles Liebe
    Lotta mit ihrer Frau Zweibein

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