In den letzten Wochen gab es ja viele euphorische Beiträge von mir zum Thema "Zweithund" und ich bin nach wie vor echt froh, dass es mit Chiru und Lotta so gut klappt. Natürlich stellt man sich aber auch die Frage, ob es genauso problemlos verlaufen würde, wenn Lotta komplett nur bei uns Leben würde. Für einen Welpen ist es oft super zu einem erwachsenen Hund zu kommen, aber hätte Chiru es toll gefunden?
Ich lese immer gerne die Bloggbeiträge bei "Menschen und meinen Hunden" über Karlsson und Polly und habe Silke die Frage gestellt, wie ihre Erfahrungen zum Thema Zweithund sind. Aber wer könnte die Frage besser beantworten als der Betroffene selbst - Karlsson!
BRAUCHEN WIE NOCH EINEN HUND?
Karlssons Meinung zum Thema Familienzuwachs
Text und Fotos: Silke Hanschke
Dieser Artikel wird nicht lustig. Wir reden heute über Geschwister. Nicht über Wurfgeschwister! Die wird man in der Regel nach acht bis zehn Wochen wieder los, wenn alle in ihre eigene Familie umziehen. Wir reden über die Hundegeschwister, die man in seiner Menschenfamilie vorgesetzt bekommt. Es gibt Familien, in denen man kein Einzelhund ist. Da gibt es entweder schon ein älteres Exemplar, wenn man als Welpe ankommt oder -und das finde ich noch schlimmer- es wird nach einiger Zeit, in der man sich in Sicherheit gefühlt hat, ein zweiter Hund ins Haus geholt. Man kann auf die eine oder andere Weise Pech haben. Ich habe beides erlebt.
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Karlsson (rechts) und Welpe Polly (links) |
Obwohl ich ehrlich zugeben muss, dass die ältere Terrierdame, in deren Haus ich als Welpe eingezogen bin, sehr nett war. Sie war eigentlich keine Schwester für mich, eher eine Oma. Eine Oma-Schwester sozusagen. Sie war sehr lieb zu mir und hat mir alles gezeigt, was ein kleiner Hund wissen muss, also zuerst mal, wo die Küche ist in dem neuen Haus und solche Sachen. Es ist schon ganz angenehm, wenn man von einem alt erfahrenen Hund in den Haushalt eingeführt wird und nicht alles selbst rausfinden muss. Zum Dank habe ich immer auf sie aufgepasst, als sie dann ganz alt war. Als sie eines Tages über die Regenbogenbrücke gehen musste, war ich schon sehr traurig.
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Karlsson mit Lotta |
Aber eigentlich bin ich am liebsten einziger Hund überall. Das ist so viel einfacher. Man hat sein Frauchen, seinen Papa und seine Ruhe. Und wenn man seinen Kauknochen unter das Sofakissen schiebt, liegt er am nächsten Morgen immer noch da und nicht angeknabbert unter Frauchens Bett, wo man ihn erst nach langer intensiver Sucherei wieder findet. Bloß dem Frauchen war es aus mir unverständlichen Gründen wohl zu ruhig, denn eines Tages hat sie diesen kleinen Zwerg Nase angeschleppt. Seitdem war es aus mit der Ruhe. Ja sicher, es ist auch ein Terriermädchen. Alles andere wäre sowieso undenkbar gewesen. Soll ich etwa auch noch Hütehund lernen oder Windhund? Schon besser, wenn man eine gemeinsame Sprache spricht. Aber dieses Baby konnte ja noch nicht mal richtig sprechen. Als es angekommen ist, hat es mir zur Begrüßung in die Rute gezwickt. Frauchen hat heimlich gegrinst, das habe ich ihr richtig übel genommen. Sind fand das auch noch komisch! Menschen haben einen merkwürdigen Sinn für Humor. Statt dem Zwerg gleich zu zeigen, was ordentliche Manieren sind! Ich habe das kleine Ding erst mal ein paar Wochen ignoriert, bis es sich einigermaßen benehmen konnte. Aber dauernd auf den Kopp kloppen oder an den Ohren ziehen, habe ich mich auch nicht lassen. Da konnte ich schon mal deutlicher werden. Frauchen hat dann verstanden, dass ich erstens eine Respektsperson bin und zweitens mit der Erziehung nichts zu tun haben will und schickt den Zwerg Nase seitdem immer ins Exil, wenn er mich zu doll nervt. Dann kommt der Terrorkrümel in die Hundebox oder in den Welpenlaufstall. Recht so.
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Karlsson: "Jetzt habe ich immer dieses Baby im Schlepptau..." |
Wenn wir unterwegs waren, wurde es auch nicht besser. Dauernd mussten wir das kleine Ding mit schleppen. Und das ist wörtlich zu nehmen. Weit laufen konnte Polly ja noch nicht. Also haben wir immer das Fahrrad genommen, damit wir sie im Fahrradkorb transportieren konnten und später im Fahrradanhänger. Wenigstens saß sie da die meiste Zeit fest und konnte nicht dauernd um mich rumhüpfen. Ich habe schließlich zu tun. Frauchen wirft doch meinen Dummy und ich muss laufen und suchen und apportieren, dabei stört so ein Krabbelkind ungemein. Später sollte Polly auch lernen, den Dummy zu bringen. Das war immer ein Schauspiel! Bestenfalls ist sie hingelaufen und hat gerufen: „Hier liegt er! Hab ihn gefunden!“ Aber zurück bringen? Nee, keine Spur. Ich habe Frauchen angefleht, damit sie mich die Sache in Ordnung bringen lässt. Aber nein, das durfte ich auch nicht. Da ist sie hart geblieben und hat mit Polly geübt und geübt. Ich konnte nur zugucken und mit den Ohren schlackern. Oft ist Frauchen auch nur mit Polly unterwegs gewesen, das fand ich doof. Dann saß ich allein zu Hause und habe mich gefragt, wie die beiden wohl ohne mich zurechtkommen. Aber einen echten Grund mich zu beklagen, hatte ich nicht. Schließlich hatte ich dann immer schon vorher meinen Spaß mit Frauchen gehabt. Derweil musste Polly allein zu Hause in ihrer Box sitzen. Das fand ich dann wieder gut.
Heute klappt es einigermaßen. Polly kann jetzt auch mit uns laufen. Sie geht auf Frauchens linker Seite und ich auf der rechten. Wenn Polly etwas tun soll, bekommt sie ein Signal mit der linken Hand. Wenn ich dran bin, gibt es ein Signal mit der rechten Hand. Meistens funktioniert es gut. An manchen Tagen weiß Frauchen nicht so genau, wo lechts und rinks ist und verwechselt alles, die Hände und die Hunde. Aber dann bleibe ich hart. Ich bleibe so lange sitzen, bis die rechte Hand kommt. Ich mag Strukturen, dann weiß ich, woran ich mich halten kann. Das gibt mir Sicherheit. Gut, wenn es sein muss, treffe ich auch Entscheidungen. Aber gleich für das ganze Rudel? Entscheiden, wer wann was machen soll – das ist mir zu viel Verantwortung. Den Stress überlasse ich gerne Frauchen. Da muss sie sich eben anstrengen und ihre Pfoten richtig sortieren. Sie wollte es ja so.
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Karlsson: "Manchmal spiele ich auch mit Welpen" |
Versteht mich nicht falsch. Ich habe nichts gegen Polly. Es kann durchaus ganz nett sein mit ihr. Wir balgen uns mal ein wenig und wetzen eine Runde zusammen. Das macht Spaß. Aber dann muss es auch wieder gut sein. Ich bin doch nicht Pollys Alleinunterhalter. Geschweige denn ihr Erziehungsberechtigter. Schließlich habe ich sie nicht angeschafft. Das war Frauchens Idee. Mir hat sie damit keinen Gefallen getan, ich wäre auch ohne Polly klar gekommen. Ob sie sich selber einen Gefallen getan, wage ich zu bezweifeln, bei all dem, was Polly hier dauernd kaputt macht und durcheinander bringt. Mir ist das oft zu viel Chaos. Dann gehe ich einfach, verziehe mich in die oberen Etagen oder in den Garten und komme erst wieder, wenn Frauchen die Dinge wieder in Ordnung gebracht hat. Ich finde es überhaupt gerecht, wenn Polly nicht alles gleich darf, was ich darf. Ich musste mir meine Privilegien schließlich hart erarbeiten. Und wenn ich zu Frauchen aufs Sofa hüpfe, muss Polly nicht gleich hinterher kommen. Schließlich gibt es Regeln in unserem Haushalt. Ich achte schon sehr
darauf, dass Frauchen darauf achtet, dass Polly sich an unsere Regeln
hält. Weil, wenn dieses freche kleine Ding hier machen könnte, was es
wollte, also – dann könnte ich das schon lange! Da gucke ich schon
kritisch zu. Hat mein Frauchen Polly im Griff? Setzt Polly sich hin,
wenn sie sitzen muss, kommt sie, wenn sie gerufen wird, darf sie einfach
in den Garten stürmen, wenn die Tür aufgeht? Wenn Polly nicht gehorchen
muss, bloß weil sie klein und süß ist, dann muss ich das erst recht
nicht. Struktur finde ich gut, Regeln finde ich gut. Aber sie müssen
schon für alle gelten. Da bin ich froh, dass auf meine Menschen Verlass
ist.
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Karlsson: "Nun ist mir die Göre schon über den Kopf gewachsen!" |
Alles in allem muss ich sagen, ein Welpe im Haus ist kein Grund zu verzweifeln. Schließlich wird auch ein kleiner Hund mal größer und damit vernünftiger. Polly ist ja nun schon aus dem Gröbsten raus und langsam kann man richtig was mit ihr anfangen. Und wenn Frauchen sie unbedingt behalten will, obwohl sie gerade eben wieder den Inhalt des Papierkorbs ausgeräumt, zerfetzt und im Wohnzimmer verteilt hat – meinetwegen. Ich bin ja nicht so.
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Ein riesen Dankeschön an Karlsson und Silke für diesen interessanten und tollen Erfahrungsbericht.
Welche Erfahrungen habt ihr mit eurem zweiten Hund gemacht? Wie ist eure Meinung zum Thema " Ist jeder Hund als Zweithund geeignet?" Ich freue mich auf eure Kommentare - gerne veröffentliche auch euren Erfahrungsbericht auf meinem Blogg!
Liebe Grüße
Sali + Chiru
Linktipps:
Mehr über Karlsson erfahrt ihr auf ihrem Blogg Von Menschen und meinen Hunden
Ein Rasseportrait gibt es hier bei "about DOGS" von Karlsson "Warum einen Lakeland Terrier?"