Cortison gehört zu den Medikamenten, die sofort bei sehr vielen Hundebesitzern Ängste und Bedenken auslösen. Mir ging es nicht anders, als der behandelnde Tierarzt sagte, dass Chiru über einen längeren Zeitraum Cortison bekommen sollte. Ich hatte bei meinem Hund Benji sehr schlechte Erfahrungen mit Cortison gemacht, weil es bei ihm ein vorübergehendes Cushing Syndrom auslöste. Seitdem habe ich meine Hunde nie wieder mit Cortison behandeln lassen. Letztendlich habe ich dann der Cortison-Therapie bei Chiru zugestimmt. Seine Schmerzen verschlimmerten sich so gravierend und rapide, dass ich nicht den Mut hatte mich gegen die Empfehlung des Arztes zu entscheiden. „Viel Durst und viel Wasserlassen, gesteigerter Hunger“ – das sind die typischen Auswirkungen von Cortison an die man sofort denkt. Aber sind das alles Nebenwirkungen?
Gesundheitliche Ausgangsituation von Chiru
Chiru konnte ohne Schmerzen nicht mehr aufstehen oder laufen. Bei jeder Bewegung schrie er laut auf. Er sackte vorne links mit dem Vorderbein teilweise ein und hielt den Kopf dauerhaft gesenkt. Beim Hinlegen hatte er starke Probleme, weil er die Vorderbeine nicht richtig belasten konnte. Laufen war nur im Schneckentempo möglich. Auf den Röntgenaufnahmen waren keine Veränderungen erkennbar. Auch eine CT-Untersuchung brachte keine negativen Ergebnisse. Arthrose und Spondylose konnten jetzt aber bei ihm ausgeschlossen werden. Vorläufige Diagnose: Nervenentzündung bzw. der Verdacht, das ein Nerv immer wieder eingeklemmt wird.
Wann wird Cortison eingesetzt?
Cortison hat eine entzündungshemmende und juckreizstillende Wirkung. Daher wird es oft bei Hauterkrankungen und Allergien verschrieben. Aber auch bei allen anderen Entzündungen, z.B. der Leber, Bauspeicheldrüse, Niere, Herz und Virusinfektionen wird es eingesetzt. Bei Chiru versprach sich der Tierarzt eine Verbesserung durch Cortison, da es auch bei Gelenk- und Nervenentzündungen sehr gut hilft.
Was ist Cortison?
Es handelt sich um ein körpereigenes Hormon, das in der Nebennierenrinde gebildet wird. Ohne Cortison können Menschen und Tiere nicht leben. Das Hormon reguliert nicht nur den Zuckerstoffwechsel und das Immunsystem, sondern auch die Reaktion des Körpers auf Stress. Die Kraft des Herzschlages und der Blutdruck werden ebenfalls von Cortison mitgesteuert. Auch auf die Magensaftproduktion und die Wasserausscheidung hat das Hormon Einfluss.
Genügt die körpereigene Produktion nicht aus um krankhafte Veränderungen zu behandeln, wird künstlich hergestelltes Cortison verabreicht. Die Einnahme hat jedoch zur Folge, dass der Körper weniger eigenes Cortison produziert.
Was ist bei der Dossierung zu beachten?
Chiru wog vor der Behandlung 14,6 Kilogramm. Die ersten Tage bekam er morgens und abends jeweils 1 ½ Tabletten (1 Tablette/5mg). Die Höhe der Tagesdosis berechnet sich nach dem Körpergewicht. Bei ihm war es 1mg pro Kilo/Körpergewicht. Danach bekam Chiru abends statt 1 ½ nur eine Tablette. In kleinen Schritten wurde das Cortison abgesetzt. Sobald Chiru mit der Dosis schmerzfrei war wurde weiter reduziert.
Cortison darf nie abrupt abgesetzt werden! Man hört in diesem Zusammenhang oft den Begriff „Ausschleichen“. Das bedeutet, dass die Menge an Cortison über einen längeren Zeitraum langsam reduziert wird. Das kann zum einen die Dosis sein, häufig werden aber auch die Abstände verlängert. So bekommen die Hunde dann zum Beispiel nur noch jeden zweiten Tag eine halbe Tablette. Hiermit soll erreicht werden, dass der Körper selbst wieder beginnt Cortison in ausreichender Menge zu produzieren.
Chiru hat die höhere Dosis Cortison immer morgens bekommen. Im ersten Schritt wurden die Tabletten abends reduziert und dann weggelassen. Das hat den Grund, dass körpereigenes Cortison vermehrt morgens produziert wird. Um den natürlichen Hormonhaushalt so weit wie möglich zu entsprechen gibt man das künstliche Cortison daher ebenfalls morgens. Einige Hunde reagieren auf die Tabletten mit Übelkeit. Daher wird empfohlen die Tabletten nicht auf leeren Magen zu geben.
Welche Nebenwirkungen habe ich bei Chiru beobachtet?
- Vermehrtes Fressen und Trinken
Auf starken Durst durch die Tabletten war ich vorbereitet – der Wassernapf war ständig frisch gefühlt. Wegen dem gesteigerten Appetit den Cortison auslösen soll, war ich auch nicht beunruhigt. Chiru ist eher ein schlechter Fresser, da schadet ein bisschen mehr nicht, dachte ich. Obwohl ich dann doch sehr verdutzt war als direkt am zweiten Abend sich mein Wurstbrot wie von Geisterhand in eine Butterschnitte verwandelte… Insgesamt hielten sich diese Nebenwirkungen bei Chiru aber im Rahmen. Lediglich nach 20 Uhr begann er zu Beginn der Behandlung verstärkt größere Mengen zu trinken. Das legte sich jedoch später als die Tabletten reduziert wurden und er nur noch morgens das Cortison bekam. - Hecheln und schnelles atmen
Mit der Anfangsdosis von 1mg pro Körpergewicht (morgens und abend 1 ½ Tabletten 5mg) wurde Chiru ab 20 Uhr sehr unruhig. Er hechelte die ganze Nacht viel und atmete schneller. Das legte sich, wenn ich mit ihm einen Spaziergang machte. Danach schlief er dann 2-3 Stunden – wurde wieder unruhig und ich musste wieder mit ihm raus. Anfangs dachte ich, dass er vielleicht dringend müsste und deswegen hechelt – das war aber nicht der Fall. Im Internet habe ich gelesen, das Cortison den Blutdruck erhöhen soll. Die Hunde atmen dann schneller, damit mehr Sauerstoff transportiert wird. Ob das stimmt weiß ich nicht. Auf jeden Fall ist es eine Nebenwirkung über die man den Tierarzt informieren muss! Zum Glück legte sich das Hecheln bei Chiru schnell als das Cortison abends reduziert wurde. - Ruhigeres/ apathisches Verhalten
Vormittags war Chiru die ersten Tage sehr ruhig – teilweise schon apathisch. Der Grund hierfür können aber auch seine Schmerzen gewesen. - Fellveränderungen
Chiru´s Fell war während der Behandlung deutlich dünner, weil er seine Unterwolle fast komplett verloren hatte. Sein sonst sehr glänzendes Haar wirkte stumpf und spröde. Seit dem Absetzen des Cortisons reguliert sich das langsam wieder. - Gewichtszunahme
Chiru hatte vor der Cortisonbehandlung 14,6 kg gewogen. Während der Therapie hatte er knapp 1,2 kg zugenommen. Gleichzeitig durfte er aber auch nur kurze Gassirunden von max. 15 Minuten machen und hat sich daher deutlich weniger bewegt als vorher. Das Futter habe ich ebenfalls nicht reduziert, sondern eher etwas mehr gefüttert. Cortison soll, wie ich ja bereits geschrieben habe, nicht auf leeren Magen verabreicht werden. Für Chiru gab es daher immer noch eine extra Mini-Mahlzeit morgens. Normalerweise füttere ich ihn nur abends. Nach dem Absetzen der Medikamente habe ich die Futtermenge leicht reduziert und die Mahlzeit morgens wieder weg gelassen. Vier Wochen nach der letzten Tablette hatte er bereits 600 Gramm weniger Gewicht. Weitere 200 Gramm hatte er in den zwei darauf folgenden Wochen abgenommen (Stand heute). - Wasseransammlungen
Häufig liest man, das Cortison Wasser im Gewebe einlagert. Bei Chiru kann ich jedoch nicht beurteilen, ob die Gewichtszunahme auch damit zusammenhängt. Ich vermute es aber, weil er die ersten 600 Gramm an Gewicht sehr schnell wieder abgenommen hatte. - Durchfall und Übelkeit
Auch Durchfall und Übelkeit gehören zu den möglichen Nebenwirkungen von Cortison. Chiru hat die Tabletten jedoch gut vertragen und hatte weder Übelkeit noch Durchfall. - Anfälliger vor Infektionen und Krankheiten
Zum Glück konnte ich auch diese Nebenwirkung nicht bei Chiru beobachten. Ich denke, dazu war die Behandlung aber auch zu kurz. Bei einer Langzeitbehandlung mit Cortison ist das eine sehr ernstzunehmende Begleiterscheinung.
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Müdigkeit ist eine der möglichen Folgen von Cortison |
Mein persönliches Fazit:
Im Internet liest man immer wieder Sätze wie „Cortison - Fluch oder Segen?!“ Was ist Cortison nach meiner Erfahrung mit Chiru jetzt für mich?! Beides. Man muss sich bewusst sein, dass es eine Behandlung ist, die sehr in den Organismus des Hundes eingreift. Für mich ist sorgfältig abzuwägen, ob es nicht doch alternative Behandlungsmöglichkeiten gibt. Bei Chiru wurde die Cortison Menge stetig weiter reduziert. Mit einer Tablette (5 mg) am Tag und später einer halben verschwanden die für mich erkennbaren Nebenwirkungen sehr schnell. Hierzu ist jedoch die Betreuung eines Tierarztes erforderlich! Cortison ist kein Medikament, das man im Alleingang verabreichen darf. Ein zu schnelles Absetzen der Tabletten kann schlimme gesundheitliche Folgen haben.
Ich denke es gibt Erkrankungen, bei denen Cortison ein Segen für die Hunde ist, da es ihnen ein schmerzfreieres Leben ermöglicht. In vielen Internetforen habe ich gelesen, dass Hunde über mehrere Jahre damit behandelt wurden, ohne dass es gesundheitliche Schäden gab. Bei einer Langzeittherapie wird empfohlen das Blut des Hundes alle drei Monate untersuchen zu lassen. Nur so kann man einige Nebenwirkungen bzw. Schädigungen leider erkennen. Auch wenn Chiru seit Ende Dezember kein Cortison bekommt, werde ich sein Blut Ende Februar untersuchen lassen. Hoffentlich mit einem genauso guten Ergebnis wie vor der Behandlung!
Ob ich mich rückblickend wieder für die Behandlung entscheiden würde? Ich bin mir sehr unsicher, tendiere aber eher zu nein. Ich hatte mir einen größeren Erfolg von der Behandlung erhofft: Einen schmerzfreien Hund – der wie früher munter durch die Felder rennt. Davon sind wir leider auch jetzt noch sehr weit entfernt. Chiru ist momentan schmerzfrei – aber er wurde auch drei Monate nur geschont. Seit zwei Wochen fange ich langsam wieder an die Belastung zu steigern und wir machen etwas längere Spaziergänge. Die ersten kleinen Rückschläge hatten wir schon…
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Hoffentlich kann Chiru bald wieder mit Lotta um die Wette flitzen! |
Mit meinen Blogartikel möchte ich keine Diskussion anregen, ob es verantwortungslos ist seinen Hund mit Cortison behandeln zu lassen. Diese Entscheidung muss und kann nur jeder für sich selbst entscheiden. Mir ging es darum meine Erfahrungen über die Nebenwirkungen zu schildern, wenn man sich für das Cortison entscheidet. Chirus Dosierung und Therapie wurde genau auf ihn abgestimmt und ist keine Anleitung für eine Behandlung ohne Tierarzt!