Es ist 4 Uhr morgens – unruhig liege ich in meinem Bett und horche was Chiru macht. Normalerweise ist es schön morgens wach zu werden. Chiru springt immer sofort auf, wenn er
merkt, dass ich mich bewege und
begrüßt mich mit einem nassen
Hundeschmatzer. Momentan ist alles anders. Gerade morgens fällt ihm das Aufstehen
schwer und er schreit häufig schon aus
Angst vor dem Schmerz. Ich wiederum habe
Angst vor dem Schrei und bin froh, dass
es noch so früh ist und ich mich der Situation noch nicht stellen muss.
So gut wie möglich versuche ich mich nicht zu bewegen,
damit Chiru nicht wach wird. Schreit er
aus Angst oder vor Schmerz – das Gedankenkarussell beginnt sich zu drehen.
Obwohl ich langsam wieder einschlafe nehme ich jede Bewegung und jedes Geräusch von Chiru neben dem Bett
wahr. Ein Blick auf den Wecker: 6.30
Uhr - eigentlich sind es noch 30 Minuten
bis ich aufstehen müsste. Ein vorsichtiger Blick wo Chiru ist. Liegt er noch in
seine Ecke und hat sich nicht bewegt – ein schlechtes Zeichen. Zum Glück sitzt
er schon neben mein Bett. „Angriff ist die beste Verteidigung“ – also raus aus
dem Bett, bevor ich noch eine halbe Stunde Panik habe, ob heute ein guter
oder schlechter Tag mit seinem Rücken wird und er schon direkt beim Aufstehen das erste Mal schreit. Innerhalb weniger Sekunden versuche ich zu
checken, ob ich es wagen kann, ihn die Treppe selber runterlaufen zu lassen
oder ihn lieber Trage. Ein innerlicher Kampf und ein Abwägen.
Treppenlaufen, besonders runter schadet
- beim Hochheben schreit er sehr oft und
mag es nicht. Wieder schleicht sich die Angst an und Chiru beobachtet mich
irritiert und versucht ebenfalls die Lage einzuschätzen. In Zeitlupe betrachtet
bestimmt ein lustiger Anblick – Sali die sich vorsichtig nähert und Chiru der
mit einem sportlichen Hechtsprung versucht vor ihr an der Treppe zu sein. Heute
bin ich der Sieger und vorsichtig trage ich Mr. Wichtig runter. Endlich ist es
geschafft – wir sind draußen auf der Morgenrunde und ich kann durchatmen.
Draußen läuft Chiru problemlos und munter werden die „Zeitungsstandorte“
abgeklappert.
Während meines Arbeitstages liegt Chiru in meinem Büro in
seiner Ecke und die Angst schleicht sich immer wieder still und leise an. „Wo
kommen die Schmerzen nur her“, ob ich doch noch Homöopathisch etwas machen
kann? Lieber noch einmal schnell im Internet nachschauen, ob ich einen wichtigen Hinweis oder guten Rat bisher
übersehen habe. Arnica D6 soll sogar als Schmerzmittel wirken, also schnell zum
Hörer gegriffen und bei der Apotheke angerufen ob es vorrätig ist. Klar, muss
bestellt werden … zum Glück kann ich es aber um 16 Uhr abholen. Chiru möchte es
sich zwischenzeitlich auf „seiner“ Relax Liege bequem machen. Das fehlte mir noch denke ich, was beim
Herunterspringen alles passieren kann! Also schnell die Liege runter in das
andere Zimmer gestellt. Eigentlich würde
Chiru jetzt viel lieber vom Schlafzimmer
aus, das Haus bewachen und fängt an sich zu langweilen. Ich will in jedoch im
Blick behalten, um unnötiges springen
und Treppenlaufen zu vermeiden. Wie beschäftigt man einen Rückenkranken Hund?
Also darf Mr. Wichtig ausnahmsweise meinen Papierkorb ausräumen und das Papier
zerkleinern. Ein Blick auf die Uhr: Zeit für die
Mittagsrunde und uns trennen genau 68 Treppenstufen bis zur Haustür. Ich muss
Chiru wieder hochheben und er könnte wieder schreien. Da Chiru weiß dass er auf
der kurzen Distanz keine Chance gegen
mich hat, versucht er es mit der Tatik „Flache Flunder“ und legt sich so auf den
Boden, dass ich ihn nicht hochheben kann. Aber
bei diesem Kampf bin ich der Sieger und
wir schaffen es ohne Probleme ins Erdgeschoss zu kommen.
Den restlichen Nachmittag verbringe ich mit Büroarbeit und
lesend. Chiru hat eine neue Lieblingsbeschäftigung gefunden – an sich selber
rum zu knabbern. Die ständige
Aufmerksamkeit von mir und meine innere Unruhe fängt an sich auch auf ihn zu
übertragen. Eigentlich wären wir heute Nachmittag mit Claudi und Raja unterwegs
gewesen. In den letzten Tagen musste ich alle unsere Verabredungen absagen. Die
Ärztin aus der Tierklinik hat mir geraten
ihn zu schonen. In solchen Situationen wird mir immer wieder richtig
bewusst wie viele Sozialkontakte und Freundschaften ich nur durch Chiru habe
und wie sehr meine Freizeit auf ihn ausgerichtet ist.
Abends um 21 Uhr haben Chiru und ich es geschafft, die
Gassirunden hinter uns zu bringen, die Stufen zu vermeiden und ihn zu
schonen. Auf unser Lieblingsritual
müssen wir auch verzichten, leider. Normalerweise tobe ich mit Chiru nach dem
Abendspaziergang noch ein wenig und er darf quer über das Bett hopsen. Dabei
quitscht er dann auch – aber vor Vergnügen… Traurig schaut Chiru mich an, als
ich ihn direkt ins sein Körbchen schicke. Zum Trost gehe ich gleich mit
schlafen. Bewaffnet mit Tablet und Handy informiere ich mich über das Thema
„Rückenleiden beim Hund“ auf diversen Internetseiten. Nach einer Stunde querlesen durch
verschiedene Hundeforen sitzt mir die
Angst wieder im Nacken. Hoffentlich kein Krebs? Was ist wenn Chiru unheilbar
erkrankt ist und die Beschwerden zur vollständigen Lähmung führen? Nach einer weiteren Stunde kenne ich die
Unterschiede zwischen Rheuma, Arthrose und Spodylose und habe das Gefühl, dass
alle Merkmale genau auf meinem Hund zutreffen.
Chiru schlummert zum Glück entspannt neben meinem Bett.
Auf dem Rücken liegend streckt er alle Beine von sich und ich höre
kleine Schnarchlaute von ihm. Morgen lasse ich mich von der Angst nicht unterkriegen nehme ich mir beim
Einschlafen fest vor… ich hoffe es gelingt mir.
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- Internetrecherchen sind tabu, solange die genaue Diagnose für Chirus Rücken nicht feststeht.
- Anstatt nur Chirus „Hausapotheke“ aufzurüsten, habe ich eine große Schachtel Baldrian für mich gekauft ;-)
- Ich kann Chiru nicht Watte packen und er wird auch mal springen und auch die Treppe laufen – Punkt.
- So schön ich es empfinde selber verwöhnt zu werden, wenn ich krank bin – die meisten Hunde irritiert und verunsichert es. Die Möglichkeit sich zurückziehen zu können ist gerade für Chiru wichtig. Also bleibt er ab sofort wie gewohnt in seinem Körbchen im Schlafzimmer, wenn er es möchte während ich oben arbeite.
Kleines gesundheitliches Update wie es Chiru geht:
Danke für die vielen lieben Kommentare hier auf dem Blog mit den vielen wertvollen Tipps. Es ist immer ein schönes Gefühl mit seinen Ängsten nicht alleine zu sein. Seit Sonntag bekommt er keine Schmerztabletten mehr. Ganz der „Alte“ ist er aber leider immer noch nicht. Er bekommt jetzt MSM (Methylsuffonylmethan), Grünlippmuschel und Arnica D6 für seinen Rücken. Montagnachmittag habe ich mit ihm den ersten Termin bei einer Physiotherapeutin und gemeinsam mit ihr werde ich dann die nächsten Untersuchungen und Behandlungen planen.
Wie geht ihr mit der Situation kranker Hund um? Hat die Angst euch auch voll im Griff oder schafft ihr es sie nicht an euch heranzulassen? Was hilft euch dabei mit dem Thema Krankheit umzugehen?