Führen unsere Hunde heute ein Menschenleben?

Donnerstag, April 28, 2016



Werden unsere Hunde zunehmend depressiv, weil sie ein "Menschenleben" führen müssen und nicht einfach "Hund" sein dürfen?! Diese Frage stellte die Frankfurter Allgemeine vor einiger Zeit in dem Artikel "Wir wollen Agility machen, nicht der Hund" einem Hundepsychologen.


„Warum lässt man den Hund nicht einfach Hund sein?“

Der Hundepsychologe bestätigte, dass es heute seiner Meinung nach deutlich mehr depressive Hunde gibt. Er begründete dies unter anderem mit den heutigen Erziehungsmethoden und den damit verbundenen Wunsch vieler einen perfekten Hund zu haben. Für ihn müsste ein Hund viel öfters einfach nur Hund sein dürfen. Das fängt zum Beispiel damit an, empfiehlt er, dass Hunde einen „normalen“ Tagesablauf haben sollten. Viele Hundehalter hätten einen straffen Terminkalender für die Aktivitäten mit ihren Vierbeiner, wie wir es auch bei Eltern und ihren Kindern beobachten könnten. Er verweist hierbei auf seine Beobachtungen, die er bei Straßenhunden in Indien und Afrika machen konnte und den Tagesabläufen von Wildhunden und Wölfen. Seiner Meinung nach würde es dem Hund vollkommen reichen sein Revier zu durchwandern und zu schnüffeln. Hundesportarten, wie zum Beispiel Agility, gehen für ihn auf Kosten des Hundes, weil wir Menschen es wollen und nicht der Hund. Wobei er auch einräumt, dass es richtig dosiert nicht schädlich ist, aber häufig auch mit hierfür ungeeigneten Rassen ausgeübt wird.


Stellen wir zu hohe Ansprüche an unseren Hund?

Mich haben diese Aussagen sehr nachdenklich gemacht. Auch ich hatte viele Ansprüche an Chiru als er bei uns einzog. Ich wünschte mir einen Hund, der mich problemlos ins Büro begleiten würde. Wir wohnten früher in einem 9-Familienhaus. Natürlich sollte er auch dort nicht durch häufiges Gebell bei den Nachbarn negativ auffallen. Um bereits im Vorfeld allen Gefahren aus dem Weg zu gehen, besuchten wir auch die Hundeschule mit ihm... In dieser Hinsicht stimme ich dem Hundepsychologen zu, dass Menschen häufig einen viel zu perfekten Hund haben möchten.




"Hunde sollten viel häufiger einfach nur durch ihr Revier laufen dürfen und schnüffeln"

Diese Meinung des Hundepsychologen deckt sich nur teilweise mit meinen eigenen Erfahrungen. Auch ich bin in meiner Freizeit gerne mit Freunden und Bekannten zusammen. Schnell füllte sich mein Terminkalender mit Aktivitäten, bei denen mich Chiru immer begleitete. Außerdem, wer wünscht sich nicht einen gut sozialisierten Hund, der mit dem Alltag und Artgenossen gut zu Recht kommt?! Auch in dieser Hinsicht bemühte ich mich, den "Jungspund" Chiru genug Abwechslung zu bieten. Wie schnell alle diese Dinge für Chiru zum großen Stressfaktor wurden könnt ihr ihn meinem Blogartikel "Kratzen = Allergie?!" nachlesen. 


"Wir wollen Agility machen, nicht der Hund"

Schwierig finde ich jedoch das Thema "Hundesport" ganz zu verteufeln. Wobei der Psychologe auch in dem Artikel einräumt, dass gegen eine dosierte Ausübung von Hundesport, wie zum Beispiel "Agility", nichts einzuwenden ist. Trotzdem provoziert mich seine Aussage, dass wir Menschen das wollen und nicht der Hund.



Ich habe zwei Jahre mit Chiru Agility gemacht. Klar Chiru kam nicht zu mir und bellte mir zu "Sali ich will zum Hundesport..." Der Grund hierfür war aber auch nicht, dass ich so sportlich bin und meine Qualitäten gerne öffentlich zur Schau stelle. Es kostete mich sogar oft Überwindung, weil ich mir den Parcour immer nur schwer merken konnte und nicht gerne im Mittelpunkt stehe... Ich wusste jedoch wie gerne Chiru rennt, über Hürden springt und klettert – alles Dinge, die in vielen Hundesportarten vorkommen. Außerdem empfinde ich es als sehr wichtig mit Chiru Dinge gemeinsam zu machen. Was fördert besser die Bindung zueinander als positive Erlebnisse?!


„Hunde wollen nur ruhig vor sich hin leben“

Kritisch stehe ich auch der Aussage gegenüber, dass es dem Hund reicht sein eigenes Revier zu durchstreifen und genügend Zeit zum Schnüffeln zu haben. Dann wäre mein „Lieblingsaufreger“ ja gar nicht so schlimm: Menschen, die beim Spaziergang ständig ihr Handy in der Hand haben und ihren Hund sich selbst überlassen. Außerdem stelle ich bei Chiru häufig ein richtiges Kontrollverhalten bei unseren Spaziergängen im "heimischen" Revier fest. Wichtige Markierungspunkte müssen von ihm kontrolliert werden. Den Rüden aus der Nachbarschaft muss er immer wieder die Grenzen demonstrieren. Ganz zu schweigen von seinem Stress, ob auch kein fremder Rüde in „sein“ Territorium eingebrochen ist.




Meiner Meinung nach, hat es viel eher eine positive Wirkung auf Chiru mit mir gemeinsam neue Spazierstrecken zu entdecken. Außerdem werden bestimmt einige von euch, die einen älteren Hund haben auch die Erfahrung machen, dass die gewohnten Gassirunden langsamer und lustloser gelaufen werden. Sind wir allerdings in einem "neuen" Gebiet unterwegs, kann ich gar nicht so schnell hinschauen, wie Chiru vor mir her flitzt. „Verliere“ ich dann noch Gegenstände, die er für mich suchen darf oder wir klettern gemeinsam über Baumstämme, erinnert er mich wieder an den ausgelassenen Junghund von früher.

Natürlich empfinde ich es auch als wichtig, dass Chiru die Möglichkeit hat auf den Spaziergängen in Ruhe zu schnüffeln. Auch wenn es mir manchmal im strömenden Regen schwerfällt fünf Minuten an einem Grashalm stehen zu bleiben. Aber sollen alle Spaziergänge tatsächlich nur daraus bestehen? Nehmen wir uns damit nicht die Chance unsere Hunde auch Artgerecht zu fordern? Viele von uns haben Hütehunde, die für die Arbeit mit den Herden gezüchtet wurden. Hunde sind intelligente Tiere mit vielen Fähigkeiten. Verkümmern diese nicht, wenn wir sie nur sich selbst überlassen und ihnen keine Anregungen bieten?


Hundespielwiesen als Auslöser für Depressionen?

Einen weiteren Auslöser für häufiger auftretende Depressionen bei Hunden sieht der Psychologe bei unseren Gedankenansatz „mein Hund muss doch mit Artgenossen spielen“ und den regelmäßigen Besuch von „Spielwiesen“. Gerade bei allen in der Stadt Lebenden, sind diese Freilaufflächen ja sehr beliebt. Leider trifft man dort nicht nur auf gut sozialisierte Hunde und es kann sogar sein, dass der eigene Hund gemobbt wird. Für den Hund eine schlimme Situation beschreibt er in dem Artikel, da es für ihn keinen Ausweg gibt und er der Situation nicht aus den Weg gehen kann. Er empfiehlt stabile Kontakte zu befreundeten Hunden, die wir einschätzen können.



Das finde ich ist ein sehr wichtiger Punkt, in dem wir wirklich sehr häufig unsere eigenen menschlichen Eigenschaften zu sehr auf den Hund übertragen. Gerade bei Chiru musste ich sehr früh feststellen, dass fremde Hundegruppen bei ihm Stress auslösten. Hundeschulen und gerade die Welpenspielstunden boomten als Chiru bei uns einzog. Einen Welpen großziehen ohne, dass er das „Welpenspiel“ besuchte? Schon fast bei vielen, und wie ich auch zugeben muss bei mir, undenkbar. Wieviel dabei falsch laufen kann und das man gerade durch eine falsche Welpenschule Verhaltensprobleme auslösen kann, berichte ich im kommenden Blogartikel „Rückblicke – 10 Jahre mit Chiru“. Aber auch im normalen Alltag sieht man häufig Situationen in denen fremde Hunde aufeinander „losgelassen“ werden, damit sie miteinander spielen können. Die Menschen stehen währenddessen am Rand und unterhalten sich, ohne das Geschehen im Auge zu behalten. Schnell kippen die Situationen und aus einem „harmlosen Spiel“ für den Betrachter wird ein Machtkampf.
Heute vermeide ich solche Situationen mit Chiru grundsätzlich. Trotzdem möchte mich auch nicht davon frei sprechen in der Vergangenheit in dieser Hinsicht nicht auch öfters Fehler gemacht zu haben.


Führen unsere Hunde denn nun meiner Meinung nach ein Menschenleben?

Grundsätzlich stimme ich den Ansichten des Hundespsychologen in einigen Dingen zu. Ich bin auch der Meinung, dass man darauf achten muss, dass der Hund nicht zu viele Aktivitäten in seinem normalen Alltag hat. Chiru muss nicht jeden Tag ein Actionprogramm geboten werden. Es ist meiner Meinung nach viel wichtiger, einen gesunden Ausgleich zwischen gemeinsamen Aktivitäten und Routinen im Alltag zu finden. Wobei ich Hundesport- und Spielarten als sehr positiv im Zusammenleben mit unseren Vierbeinern empfinde. Meiner Meinung nach fördert es die Bindung zwischen Chiru und mir und hilft unsere Hunde auch geistig auszulasten.




Ich denke alle diese Dinge würde der Hundepsychologe aber auch gar nicht bestreiten und ihm geht es in dem Artikel um etwas ganz anderes. Wir machen viel zu häufig den Fehler den neuen Erziehungstrends zu folgen. Anstatt auf die eigenen Erfahrungen und das Bauchgefühl zu hören, glauben wir neuen Hundetrainern, die uns für das Zusammenleben mit unseren Hunden neue Regeln aufstellen wollen. Hunde benötigen kein „rund um die Uhr“-Programm, um geistig ausgelastet zu werden. Es muss nicht immer der Fährtenkurs in der Hundeschule sein. Es reicht auch im Garten einen alten Socken zum Beispiel zu verstecken, den der Hund suchen darf. Aber bei allen unseren Aktivitäten sollten wir im Auge behalten, dass wir Menschen vielleicht gerne rund um die Uhr mit Freunden und Bekannten zusammen sind und mit einen vollen Terminkalender gut leben können. Unsere Hunde aber nicht! Bei ihnen löst ein zu Viel auch Krankheiten und wie der Psychologe schreibt, Depressionen aus. Halten wir uns alle diese Dinge vor Augen „entstressen“ wir uns auch selber und können es einfach genießen unseren Hund einfach nur mal Hund sein zu lassen.



_________________________________________________________________________________

MEHR BEI UNS ZUM THEMA:

You Might Also Like

18 Kommentare

  1. Ein spannendes Thema, das du gut und kritisch"durchleuchtet"hast.Ich finde es ist wie beim Menschen
    Im gesunden Mittelmaß macht es für alle Spaß und ist eine Bereicherung

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Ja da stimme ich dir zu - der goldene Mittelweg, wie so oft!
      Liebe Grüße und Bussi
      Sali

      Löschen
  2. Ein spannendes Thema, das du da aufgegriffen hast. Mir persönlich würde die immer gleiche Gassi-Runde im eigenen Revier auch nicht ausreichen. Dass aber Freilauf generell verteufelt wird, finde ich auch schade. Ich brauche ihn zwar nicht, sehe aber an Lucky, dass er dort sehr viel Spaß hat und die Menschen auch alle darauf achten, dass die Hunde sich benehmen. Was die Hundeschulen angeht, so gibt es ja einige Unterschiede und nicht jeder Ansatz der modernen Trainer nach den neuen Erziehungstrends deckt sich unbedingt mit unserer Meinung, die ja beim Frauchen auch auf Erfahrungswerten beruht, lange bevor es überhaupt Hundeschulen gab, zumindest bei uns.

    Wuff-Wuff dein Chris

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Lieber Chris, für mich bist du ein Paradebeispiel mit euren tollen Wanderungen wie man es schafft, seinem Hund gesund auszulasten. Bei den Hundewiesen geht es mir nicht um den Freilauf - den empfinde ich auch als sehr wichtig. Oft gehen viele Hundehalter meiner Meinung nach dort hin, damit der Hund "spielen" kann. Das dein Frauchen bei euch auf ihr Bauchgefühl hört, finde ich genau richtig. Neue Impulse sind gut und auch wir sind mit Lottchen gerne in die Welpenschule gegangen. Trotzdem sollte man die Tipps der Hundetrainer auch kritisch betrachten und sich nicht verrückt machen, wie du ja schon schreibst.
      Liebe Grüße
      Sali

      Löschen
  3. Uiii Sali, da hast du ja ein ganz spannendes Thema eingefangen. Als Landei habe ich da wirklich gewisse Vorteile, frei herumtoben und die Umgebung ohne Leine auszukundschaften gehört zu meinem Altag. Frauchen mit Smartfon in der Hand würde ich jedoch nie, nie akzetieren - ist schon genug wenn sie sich im Garten hinter einem Buch versteckt.
    Gute, hundige Tage wünscht Ayka

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Liebe Ayka, da hast du recht - viele Probleme stellen sich für uns "Landeier" erst gar nicht, weil wir genug Alternativen haben. Dafür gibt es dann im Gegensatz aber auch viele Hundesportangebote erst gar nicht unsere Nähe... Das finde ich manchmal schade.
      Liebe Grüße
      Sali

      Löschen
  4. Interessantes Thema !
    Ich bin der Auffassung, dass manchmal weniger mehr sein kann !
    Raja ist ja begeisterte Freizeitsportlerin, wenn Herrchen und sie Zeit dazu finden aber auf den vielen Hundeplätzen zeigt sich auch immer wieder, dass es Menschen gibt, die ihre Hunde 7 Tage die Woche schlichtweg überfordern, weil der sportliche Ehrgeiz sie dazu treibt !
    Mo. Obidience, Di. Hundesport, Mi. Maintrailing, Do. Hundesport, Fr. 10km Lauf plus Trainig für die Hundestaffel und die Wochenenden sind fest für die Turniere reserviert !
    Das kann einem Hund nicht gut tun und ich habe leider dadurch auch schon viele verhaltensauffällige Hunde gesehen :-(

    Liebe Grüße
    und bis bald
    Claudia

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Liebe Claudia,
      ich denke so wie ihr das mit Raja macht ist genau richtig. Hundesport aus Spaß und der Freude am miteinander. Klar möchte man auch mal ein Turnier gewinnen - aber es geht auch keine Welt unter wenn nicht.
      Liebe Grüße - ich freue mich schon auf nächste Woche
      Sali

      Löschen
  5. Aaah, wusste ich doch sofort, dass dieser Artikel nur von Herrn Riepe stammen kann... :-))))

    Im Großen und Ganzen gehe ich mit Herrn Riepes Ansätzen konform, aber immer im Hinblick auf die eigenständige Persönlichkeit und den Charakter eines jeden Hundes, so wie Du es beschreibst. Was der eine mag und abkann, ist mit einem anderen schlicht nicht möglich. Und genau das ist der springende Punkt für mich in Bezug auf Hundehaltung. Heute kriegt man gesagt, wie der ideale Hund zu sein hat. Auf allen Kanälen wird es förmlich vorgebetet, was er können, abkönnen und sonst wie zu tun oder zu lassen hat und alle machen begeistert mit! Raum für Individualität, die sich vielleicht auch auf rassespezifische Eigenschaften bezieht, Fehlanzeige. Ein und derselbe Hunde für alle!!! Passt der Hund nicht in dieses Schema und unserem, ihm auferlegten Aktivitätsplan, so hat man eben einen Problemhund...

    Den Hund Hund sein lassen ist natürlich in vielen Punkten leider nicht mehr möglich in der heutigen Zeit. Zu dicht besiedelt alles, zu viele Interessenskonflikte auf einem Fleck. Deshalb bedeutet das in erster Linie für mich, der Hund darf in allen Lebensbereichen (Fütterung, Gassi, Training, Verhalten etc.) sagen, was ihm passt und was nicht. Und wo immer es geht, erfülle ich ihm seine Wünsche (allzu oft lässt es sich ja ohnehin nicht realisieren) und gehe auf seine Interessen und Neigungen ein, statt ihn zu absolutem Gehorsam zu zwingen. Nur wenn mein Hund weiß, dass er auch "meutern" darf, habe ich doch erst die Chance, zu erkennen, wann ich ihn womöglich überfordere oder es nur noch um meine Interessen geht.

    Und bevor ich nun wahrscheinlich ganz am Thema vorbeigeredet habe, noch mal zurück zu Deiner Überschrift. Führen unsere Hunde heute ein Menschenleben? Ich würde sagen, eindeutig ja. Schließlich sind sie inzwischen komplett von unseren Entscheidungen abhängig - völlig unabhängig davon, was wir für sie entschieden haben.

    LG Andrea und Linda

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Hallo Andrea, ich finde nicht das du am Thema vorbeiredest - es sind wichtige Punkte die einfach dazu gehören. Deine Einstellung, dass Hunde auch "meutern" dürfen, finde ich klasse! Hunde sind eigenständige Lebewesen und keine Befehlsempfänger. Leider hören immer noch viele zu viele Menschen auf die selbsternannten Hundefachleute. Vor einiger Zeit las ich einen Bericht "Wie viel Erziehung braucht ein Hund" die Antwort, soviel das er sich frei in meiner Umgebung ohne Stress und Angst bewegen kann. Das fand ich toll und versuche es so zu machen.
      Liebe Grüße
      Sali

      Löschen
  6. Ich erinnere mich an diesen Artikel, der ist schon ein wenig älter. Zu der Zeit und eigentlich auch seither häufen sich eigentlich immer mehr Artikel in der Art, in der es darum geht, dass Hundebesitzer ihre Hunde heutzutage ja überfordern würden. Zu viele Programm, zu viele Erwartungen. Das Thema haben dann auch einige andere Hundeseiten, Blogs und facebookeinträge aufgegriffen. Plötzlich hieß es überall, wir würden unsere Hunde alle überfordern und die wollen doch eigentlich nur nahezu den ganzen Tag lang schlafen.
    Ich sehe das, wie eigentlich mit allen Dingen:
    1. Verallgemeinerungen sind doof. Unsere Hunde sind so verschieden und viele wurden ja für einen bestimmten Zweck (Schafe hüten, jagen, etc...) gezüchtet. Was einen Hund überfordert, kann für den anderen schon viel zu langweilig sein. Deshalb ist auch der Vergleich zu den Wölfen, die den meisten Tag durch ihr Revier schlendern und schlafen im Artikel unglücklich gewählt. Unsere Hunde sind keine Wölfe. Eine Hunderasse, die darauf gezüchtet wurde den ganzen Tag Schafe zu hüten, ist vielleicht damit den ganzen Tag ohne Aufgabe herumzuschlendern nicht so zufrieden wie ein Wolf.
    Die gleiche Verallgemeinerung ist auch bei anderen Aspekten des Artikels problematisch: Brauchen unsere Hunde Kontakt zu Artgenossen um glücklich zu sein oder nicht? Das kann man doch auch wieder nicht pauschal sagen. Manche Hunde wollen den Kontakt und sind glücklich damit, andere finden fremde Hunde doof. Da ist es eher wichtig genau auf seinen Hund zu schauen (und den fremden Hund, dem man diesen Kontakt vielleicht gerade aufzwingen will!?) und zu sehen, ob der Hund das überhaupt will, oder ob man nur denkt, dass er das braucht.
    2. Extreme sind doof. Ich hatte manchmal den Eindruck, dass viele Leute gerade Leute, die solche Artikel zB auf facebook geteilt haben, dass gerne als Ausrede genommen haben: "Siehst du, ich muss mich garnicht mit meinem Hund beschäftigen und nur 15 Minuten Spaziergänge sind auch völlig okay! Alles andere überfordert den Hund doch". Das waren die Leute, die sich einfach nicht genug mit ihrem Hund beschäftigen, wo der Hund den ganzen Tag alleine Zuhause ist und am Abend noch Mal 15 Minuten um den Block laufen kann, die jetzt meinen die Bestätigung zu bekommen, dass das doch völlig okay sei. Und das ist ein Extrem, dass doof ist, genauso wie es doof ist, wenn der Hund täglich 6 Stunden läuft, Montags Hundewanderung hat, Dienstags Agility, Mittwochs Schutzdienst, Donnerstags ZOS, Freitags Carnicross, Samstags Dogdancing und Sonntags Longiertraining. (Wobei hier auch Punkt 1 gilt: Sicher gibt es irgendwo auch Hunde, die mit beiden Extremen, aus welchen Gründen auch immer, glücklich sind).

    ich denke, eine gesunde Mischung aus allem macht's. Bei uns gibt es die Spaziergänge, auf denen Genki und Momo einfach nur laufen und schnüffeln wollen. Das machen sie vor allem gerne, wenn wir neue Strecken ausprobieren. Laufen wir aber unsere Standardstrecken, die wir ständig laufen, merke ich doch nach einer Weile, dass sie sich anfangen zu langweilen und mich die ganze Zeit erwartungsvoll anschauen.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Stimmt - der Bericht ist bereits aus 2013. Vor kurzem teilte ihn jemand in Facebook und ich wurde da erst auf ihn aufmerksam. Wobei die Reaktionen, wie du sie beschreibst, sind mir sehr vertraut. In einem Hundeforum in dem ich Mitglied war, gab es auch auf einmal die große Outingwelle und ich war entsetzt wie wenig manche mit ihren Hunden Spazierengehen. Tibet Terrier sind sehr häufig kleine Energiebündel und ein Leben fast nur im Garten für mich nur schwer vorstellbar. Das andere extrem erreicht man glaube ich oft ohne böse Absicht. Ich habe es einmal bei einem Aussierüden miterlebt.

      Für mich macht es auch die gesunde Mischung und man merkt man ja auch an sich selber, dass es mehr Spaß macht, auch einmal etwas neues mit den Hunden zu entdecken.
      Liebe Grüße
      Sali

      Löschen
  7. Liebe Sali,
    das ist ein sehr vielschichtiges Thema. So verallgemeinern kann man das eigentlich nicht. Jeder Hund ist anders und hat andere Bedürfnisse, was ja auch rasseabhängig ist. Ich bin der Meinung das sie ein Menschenleben führen. Sie passen sich vollkommen an unsere Alltagsgewohnheiten an. Ob das nun immer so optimal ist, ist fraglich. Da wir sehr ländlich wohnen, fern ab von Hundeplätzen und eingezäunten Freilaufplätzen, führen uns unsere Spaziergänge an vielen Feldern und durch ein Wäldchen und es gibt viele Wege. Da können sie flitzen, buddeln, sich in Pfützen schmeißen und kräftig einsauen. Einfach Hund sein. Aber das hast du ja alles schon auf unserem Blog gesehen. Ich hatte noch nicht den Eindruck das sich Emma und Lotte dort langweilen, weil es wirklich abwechslungsreich ist ... und depressiv ist hier noch kein Hund geworden :-).
    Liebe Grüße vom Emma und Lotte Frauchen

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Ich denke auch das, wie oben auch schon Ayka geschrieben hat, es leichter ist auf dem Land ein gesundes Mass für seinen Hund zu finden. Emma und Lottes Spaziergänge machen tatsächlich keinen langweiligen Eindruck auf mich :-)!
      Liebe Grüße
      Sali

      Löschen
  8. Ein sehr schöner Beitrag zu einem Thema, mit dem ich mich auch schon beschäftigt habe :) Jetzt ist es allerdings so, dass es vor vielen Jahren so Dinge wie Agility nicht gab - daher stellte sich mir als Ersthundebesitzer die Frage nicht, will ich das für den Hund oder für mich ;)
    Heute ist es so, dass ich erkannt habe, jeder unserer Hunde war so einzigartig, dass es keine allgemeingültige Antwort auf die Frage gibt, was ist gut für alle Hunde! Ich muss versuchen sehr individuell zu sehen, was ist gut für Damon und was für Cara - und wie kann ich ihnen ein möglichst angenehmes Leben bieten, ohne mich zu vernachlässigen und ohne andere zu stören :) Wenn ich das hinbekomme, dann ist das Leben aus meiner Sicht hundgerecht und menschentauglich!

    Liebe Grüße,
    Isabella mit Damon und Cara

    PS: Ich hatte mal einen Beitrag zu ähnlichen Gedanken geschrieben http://issnruede.de/bin-ich-ein-schlechter-hundehalter/

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Hallo Isabella, ich glaube das die Hundesportarten auch immer ihre Trendzeiten haben. Meine ersten Hunde habe ich Ende der 80er bekommen und da hatte ich von Dogdance - Agility - Funball... noch nichts gehört. Als Chiru 2005 bei uns einzog boomten die Hundesendungen gerade und wie oben im Beitrag schon geschrieben - es war fast ein "muss" in die Welpenschule zu gehen. Für Chiru war es glaube ich toll, dass der Trend Agility aufkam - er hat es sehr, sehr gerne gemacht. Bei Lottchen haben wir schnell gemerkt, dass sie viel lieber einem Ball hinter her jagt, anstatt über die Hürden zu springen. Also haben wir es schnell wieder sein lassen... Du hast vollkommen recht - jeder Hund ist einfach anders und man muss einfach schauen, was der einzelne gerne mag und was nicht.
      Liebe Grüße
      Sali

      Löschen
  9. dieser artikel ist goldwert liebe sali, vielen lieben dank dafür!

    ganz liebe grüße und ein gemütliches pfingst-wochenende,

    heike

    AntwortenLöschen
  10. "Wir wollen Agility machen, nicht der Hund"
    muss Ich auch sagen, dass dies Hundeabhängig ist. Unser großer der will von sich aus diese Auslastung haben und liebt es Geräte zu turnen und sein Köpfchen anzustrengen. Manchmal rennt er auch sebstständig die A Wand hoch und runter. Ich sehe es in seinem Blick das er es will. Viele Grüße Victor

    AntwortenLöschen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.

Popular Posts

Folge uns...

Subscribe