Rüden Pöbelei? Nein danke! | Teil 4: Lösungsansätze [Aggressionsverhalten bei Hunden]

Montag, Juli 27, 2015

Emotionale Wut* als Baustein zur Lösung von Problemen in der Hunderziehung? Kann das wirklich der richtige Weg zum Erfolg sein? War das das Ende von meiner  Positiven Verstärkung und Bindungsarbeit bei Chiru? Für alle die jetzt einen Schreck beim Lesen bekommen und überlegen, ob sie die Serie noch weiterverfolgen möchten: Ich bin meinen Erziehungsgrundsätzen weiterhin treu geblieben.



DER GLAUBE VERSETZT BERGE - EMOTIONALE WUT* MANCHMAL AUCH!

Was war passiert?  Chiru machte im Fun-Kurs große Fortschritte. Bereits in der zweite Stunde lief er problemlos in der Gruppe beim Spaziergang mit. Auch die Übungen auf dem Platz klappten schon besser als beim ersten Besuch. Zuhause im gewohnten Umfeld pöbelte er jedoch meiner Meinung nach sogar noch stärker weiter. Warum brachte uns  das erlernte vom Kurs hier nichts? Sabine, meine Freundin begründete Chirus Verhalten damit, dass er seinen Frust vom Kurs sich benehmen zu müssen, jetzt vermehrt Zuhause rauslassen würde. Konnte das sein?

Das geschilderte Erlebnis im letzten Teil der Serie, bei dem  Chiru seinen Feind Idefix angriff löste in mir eine starke emotionale Wut aus. Dieses Verhalten war für mich nicht mehr damit zu entschuldigen, dass mein Hund Angst vor Nähe hatte. Der Feind saß unsichtbar hinter der Hecke. Ich musste  mich davon lösen zahlreiche positive Entschuldigungen für Chirus Verhalten zu suchen. Mein Hund war in diesem Fall nicht ein Opfer seiner Ängste, sondern verteidigte sein Revier. Dies ist ein ganz normales Verhalten, aber eines was ich bei sechs unkastrierten Rüden in direkter Nachbarschaft so in dieser Form nicht mehr dulden wollte. Und jetzt liebe Leserin und liebe Leser sind wir an dem Punkt wo die Wut manchmal wie der Glaube Berge versetzt!


WELCHEN POSITIVEN EFFEKT HATTE DIE EMOTIONALE WUT* FÜR MICH?

Jeder kennt dieses Gefühl aus eigener Erfahrung in unterschiedlichen Situationen. Ihr seid so richtig wütend und in dieser Gefühlsstimmung macht jemand etwas, dass ihr überhaupt nicht wollt. Normalerweise seid ihr höfliche Menschen, die sich ein "nein" gründlich überlegen. Vielleicht traut ihr euch sogar oft nicht eure eigenen Wünsche in den Vordergrund zu stellen - aber jetzt und in diesem Moment seid ihr nicht nur einfach sauer oder verärgert, sondern wütend! Duldet ihr das unerwünschte Verhalten oder setzt ihr euch endlich durch?! Genau so erging es mir nach dem Vorfall mit Idefix. Ich wollte dieses Verhalten von Chiru in dieser Form nicht mehr akzeptieren und hierbei half mir meine gefühlte Wut!



WAS VERSTEHE ICH UNTER EMOTIONALER WUT? 

Googelt man den Begriff "Wut" steht unter anderem bei Wikipedia als Begriffserklärung: "eine sehr heftige Reaktion, die auch Aggressive Reaktion auslöst". Das ist mit Wut von mir nicht gemeint und ich habe bewusst das Wort "emotionale" davor gesetzt. "Emotionale Wut" ist für mich ein Zustand, in dem ich mich so sehr geärgert habe, dass ich das Verhalten auf keinen Fall mehr akzeptieren konnte, aber ohne jegliche körperliche Auswirkung. Vielmehr hatte es in mir eine Konsequenz in meinem Handeln ausgelöst, dass ohne diesen Gefühlzustand nicht möglich gewesen wäre. Chiru bemerkte diese Verhaltensänderung schnell: aus meiner Unsicherheit wurden Entschlossenheit.




AUSSTIEG AUS ALTEN VERHALTENMUSTERN

Wie war ich bisher  mit Chiru´s Pöbeleien an der Leine so umgegangen? Ich ging dem Problem möglichst aus dem Weg, in dem ich die Straßenseite wechselte.  War dies nicht möglich,  versuchte ich "irgendwie"  mit einem wild kläffenden Hund am anderen Ende der Leine aus der Situation möglichst schnell herauszukommen.

Im ersten Teil meiner Serie "Das andere Ende der Leine" habe ich bereits geschildert, dass ich mich nicht als Auslöser für Chiru´s aggressiven Verhalten an der Leine sehe. Aber hatte ich ihn bisher genug verdeutlicht, dass ich dieses Verhalten nicht duldete?! Nein! In der Vergangenheit hatte es mir oft geholfen Chiru zu bestechen. Eine Lösung die man bei sehr vielen Hundehaltern beobachten kann. Sobald in der Ferne ein Hund sichtbar war, bekam er ein Leckerchen  unter die Nase gehalten. Je nach Chirus Stimmungslage mit mehr oder weniger Erfolg. Aber welche Information kam durch die Bestechung bei ihm tatsächlich an?

Bei der ersten Hundebegegnung nach den beiden Vorfällen mit Feind Idefix und dem gejagten Labrador war ich innerlich noch sehr wütend. Mein erster Gedanke beim Anblick von dem mir entgegenkommenden Rüden Moritz war: "Du, mein lieber Chiru, gehst jetzt direkt an Moritz vorbei UND das ohne Theater". Mit festem Griff und sicheren Schritt ging ich der Situation entgegen. Ich würde jetzt gerne schreiben "mit einem frommen Lamm am anderen Ende der Leine", aber so einfach löste sich das Problem nicht sofort. Trotzdem merkte ich eine deutliche Verbesserung.


VON NULL AUF 100?  EIN KLEINER TRICK HILFT:  DOPPELT GESICHERT!

Es war für mich problematisch  Chiru einzuschränken, wenn er an der Leine explodierte. In solchen Momenten legte er sich mit seiner gesamten Körperkraft in das Hundegeschirr  und ich konnte ihn  nicht mehr  ablenken. Ich bekam den Tipp, es mit einer Klapperdose zu versuchen. Eine mit Steinen gefüllte Dose sollte ich in seiner Nähe  auf den Boden werfen, um ihn zu erschrecken und die Situation aufzulösen. Ein Vorschlag, der bei Chiru bestimmt Wirkung gezeigt hätte, weil er Angst vor dem Geräusch hat. Aber der Gedanke den anderen Hund, der sich vielleicht friedlich verhalten hatte, ebenfalls mit der Dose zu erschrecken behagte mir nicht. Also suchte ich nach anderen Lösungsmöglichkeiten.

Während eines Spazierganges beim Fun-Kurs bekam ich zufällig ein Gespräch zwischen einer meiner Hundetrainerin und der Besitzerin eines  jungen Aussie-Rüden mit.  Die Frau hatte ähnliche Probleme ihren Halbstarken zu bändigen und bekam die Empfehlung ein Halti bei ihm zu benutzen. Bei einem Hund mit einer Höhe von 55 cm bestimmt einsetzbar, aber bei Chiru mit seinen 44 cm nicht möglich. Warum als Alternative nicht einfach Halsband und das  Hundegeschirr umlegen?!
Es funktionierte - doppelt gesichert hatte ich Chiru deutlich besser unter Kontrolle. Plötzlich beherrschte ich die Situation und Chiru konnte an der Leine nicht mehr frei agieren. Ohne körperliche Gewalt oder Leinruck konnte ich ihn durch einen gleichmäßigen Zug an seinen Gegner vorbei führen.
Der zweite positve Effekt war, dass ich mich deutlich sicherer fühlte und kombiniert mit dem eisernen Willen das Verhalten nicht zu dulden waren wir schnell auf der Erfolgsschiene!




Chiru hat eine normale Laufleine, die doppelt befestigt am Halsband und Geschirr für den gesamten Spaziergang zu kurz war. Ich gewöhnte mir daher  automatisch an,  ihn nur am Geschirr zu führen  und befestigte den zweiten Haken am Halsband nur bei Begegnungen mit anderen Hunden. Anfangs hatte ich Sorge, dass genau dieser Handlungsvorgang ihn in "Gefahrenstellung" versetzen würde. Genau das Gegenteil war der Fall. Sobald der zweite Karabiner  klickte wußte Chiru, dass ich sein pöbelndes Verhalten nicht dulden würde. Vergaß ich bei Spaziergängen das Halsband anzulegen, war der Unterschied deutlich bemerkbar.

Heute sind wir soweit, dass ich das Halsband wieder weglassen kann. Kommen mir fremde Hunde entgegen lege ich ihn locker die Schlaufe vom Ende der Leine um den Hals - das reicht aus. Ohne Zug und Ruck gehen wir so friedlich an fast jedem Rüden vorbei.


WIE GING ES WEITER?!

Regelmäßiges üben in einer entspannten Situation mit gut sozialisierten Hunden und den eisernen Willen von mir die Situation zu ändern haben uns ein riesen Stück bei unserem Problem: "Rüdenpöbelei? - nein danke!" weitergebracht.  Der letzte Baustein den ich euch im nächsten Beitrag vorstelle ist dann der Feinschliff für das Problem.

Bis dahin wünsche ich euch einen schönen Start in die Woche!
Liebe Grüße
eure
Sali mit Chiru

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10 Kommentare

  1. Hallo ihr Beiden
    ich finde Chiru hat eine tolle Entwicklung gemacht und du kannst stolz sein.In unserem geliebten Park sehe ich ganz andere Pöbler ..
    Weiterhin viel Erfolg

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    1. Danke :-) Du weißt wie stolz ich jedes mal im Park bin, wenn Chiru gelassen an den Pöblern vorbei geht :-)!
      Liebe Grüße
      Sali

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  2. Mit der doppelten Leinenführung haben wir es auch eine Weile lang probiert. Das führte bei uns zwar dazu, dass man Genki tatsächlich besser führen konnte, aber gegen seine Agressionen hat es bei uns leider nicht geholfen. :(

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    1. Uns hat auch die Mischung aus allen Kompenten geholfen. Chiru nur alleine "doppelt zu sichern" wäre nicht die Lösung des Problems gewesen. Für mich war in dem gesamten Prozess mein eigener Wille der stärkste Baustein.
      Liebe Grüße
      Sali

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    2. Bei uns wurde natürlich auch an anderen Sachen gearbeitet. Aber bisher hat's wohl noch nicht gereicht. Wir arbeiten wieter dran, wobei meine Hauptmethode momentan ehrlich gesagt einfach das Ausweichen, wenn möglich, ist. :(

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    3. Ferndiagnosen sind ja immer mega schwierig, aber vielleicht geht es dir ja genauso wie mir vorher. Irgendwann stand ich mir mit meinen Ängsten selber im Weg. Ich wusste ja schon vorher, meiner Meinung nach, dass Chiru garantiert pöbeln wird und unverträglich ist... ;-) war gar nicht so... Aber ich möchte jetzt auch nicht euer Problem mit unseren pauschalisieren. Liebe Grüße Sali

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  3. Na, das klingt doch super, dass ihr endlich den für euch richtigen Weg gefunden habt. Die Doppelsicherung hat mir damals beim Fußlaufen-Lernen auch sehr gut geholfen. Heute setzt Frauchen sie gerne noch in Gefahrensituationen ein, etwa, wenn wir ein kurzes Stück an einer Straße laufen müssen. Ich freu mich für euch, dass ihr solch einen Erfolg hattet.

    Wuff-Wuff euer Chris

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    1. Danke Chris! Die Doppelsicherung auch zum Fußlaufen lernen zu nutzen ist ein toller Hinweis.
      LIebe Grüße
      Sali

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  4. Das macht ihr beiden super. Mit Doppelsicherung habe ich bei Charly noch nie gearbeitet. Er war vor einem Jahr auch noch ein Leinenrüpler. Bis ich eine ganz liebe Hundetrainerin kennengelernt habe. Sie zeigte mir, dass ich viel bestimmter in so einer brenzeligen Sitiuation auftreten muss. Genau wie bei euch beiden.

    Ich finde es klasse, dass ihr so eine tolle Lösung gefunden habt.

    Liebe Grüße
    Sonja und Charly

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    1. Danke Sonja! Die richtige Hundetrainerin zu finden ist schon fast so etwas wie ein sechser im Lotta! Suuper, dass ihr da auch Glück hattet.
      Liebe Grüße
      Sali

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