"Warum ein Tschechoslowakischer Wolfshund?"

Donnerstag, November 07, 2013

Liebe Bloggleser,

vor einigen Wochen zeigte Ramona auf ihrem Blog DoggyHZ!  Fotos von einem Tschechoslowakischer Wolfshund-Treffen an dem sie teilgenommen hatte  (-> zum Beitrag). Ich fand die Bilder von der "Wolfsmeute" total interessant und suchte mehr Infos zu der Rasse im Netz.

"...es handelt sich beim Tschechoslowakischen Wolfshund um eine sehr junge und noch relativ unbekannte Hunderasse. Entwicklungsgeschichtlich geht dieser Hund direkt auf Kreuzungen zwischen deutschen Schäferhunden und Karpatenwölfen zurück..."  

Eine Verpaarung von Schäferhund und Wolf - das machte mich noch neugieriger und ich schrieb Ramona an, ob sie nicht Lust und Zeit hätte mir mehr über die Rasse zu schreiben. Warum hatte sie sich für die Rasse entschieden und welche Erfahrungen hat sie gemacht?

"Warum ein Tschechoslowakischer Wolfshund?"

(Text und Fotos: Ramona Zanini)

 
"Warum ein Tschechoslowakischer Wolfshund (TSWHs), das ist eine gute Frage. Wenn man sich im Internet über die Rasse erkundigt, erfährt man nicht viel Positives. Sie können nicht alleine bleiben, zerstören viel, sind scheu, die Erziehung ist schwierig, TSWHs öffnen alle Türen (auch Kühlschranktüren) und Schubladen, drehen Schlüssel, springen durch Fenster, sind sehr aktiv und brauchen viel Bewegung, so hieß es. Außerdem brauche man viel Geduld und schwarzen Humor. Als wir uns auf die Suche nach der für uns geeigneten Rasse machten, schreckten uns die Infos über die Tschechoslowakischen Wolfshunde fürs erste ab, auch wenn uns das dem Wolf sehr ähnliche Wesen und natürlich auch die Optik sehr faszinierten. Ich wollte studieren und Peter musste arbeiten, da hätte der Hund mit auf die Baustelle müssen, die Erziehung hätte nicht all zu kompliziert sein dürfen und der Hund hätte regelmäßig alleine bleiben müssen. Nein, das konnten wir nicht verantworten.



Doch dann änderten sich unsere Pläne und wir kamen auf den TSWH zurück. Doch mit wenig Optimismus suchten wir erste persönliche Kontakte zu diesen faszinierenden Wesen und deren Besitzern. Wir sahen die Hunde an der Clubshow in Aarau live und wir waren überrascht. Die Hunde waren mehrheitlich sehr freundlich und offen. Die Besitzer wussten uns viele Geschichten zu erzählen, allerdings waren die alle nur halb so schlimm als die, die man im Internet so lesen konnte. Nach diesem Tag war es um Peter geschehen. Auch mich hatten diese Hunde eingenommen, aber ich war skeptisch. Ich bin ein eher ungeduldiger Mensch, arbeitete immer viel mit den Hunden und habe immer viel von ihnen erwartet, auch einen annähernd perfekten Gehorsam. Wäre ich dieser Herausforderung gewachsen? Hätte ich die Geduld, so einen Hund zu erziehen? Würde diese Rasse wirklich geeignet sein für einen Hundehort? Würde ich mich damit abfinden können, dass es ein Hund wird, der nie einfach gehorchen wird? Ich meine, letztlich war ich doch erst knapp 21 Jahre alt. Klar hatte ich viele Hundeerfahrung und klar war ich bereit mich mit dem neuen Hund auseinanderzusetzen, aber ein Tschechoslowakischer Wolfshund? Ein so besonderes Tier unter meinen Fittichen? Ich traute es mir nicht zu.




Trotz all meinen Zweifeln wollte Peter mal die bis dahin einzige schweizerische Züchterin besuchen und ganz ehrlich, auch ich wollte mehr über diese Hunde erfahren. Und so machten wir einen Besuchstermin aus und besuchten die Züchterin. Wir wurden von zwei TSWHs sehr stürmisch begrüßt. Der Rüde sprang uns freudig an und leckte uns über das Gesicht. Scheu? Wir waren positiv überrascht. Wir unterhielten uns lange und die Züchterin meinte, dass ein TSWH gut als Rudelchef in einem Hundehort zu haben wäre, wenn er von klein an daran gewöhnt werden würde, dass Hunde kommen und gehen. Sie war sehr optimistisch und schien uns einen TSWH anzuvertrauen, wenn wir einen wollen würden.
Wir gingen nach Hause und ich war fasziniert. Doch während für Peter der Fall klar war, hatte ich immer noch letzte Zweifel. Es war klar, dass ich den Hauptteil zu der Erziehung beitragen würde, da Peter tagsüber ja arbeitete. Eigentlich wollte ich keinen Welpen, ich fühlte mich zu ungeduldig dafür, hatte Angst, zu viel von dem jungen Tierchen zu erwarten. Und was wäre, wenn die Erziehung schief laufen würde? Aber Peter war überzeugt und ich insgeheim ja irgendwie auch, schließlich liebe ich Herausforderungen. Aber war es der richtige Weg, sich die Herausforderungen bei einem Tier zu suchen, wo ich eigentlich noch nie einen Welpen großgezogen hatte? Engelchen und Teufelchen kämpften in mir. Doch hatte alles schon seinen Lauf genommen. Die Hündin der Züchterin wurde gedeckt, hatte aufgenommen und am 24. Dezember wurden fünf Welpen geboren.



Wir besuchten die Welpen, unterschrieben den Vertrag, bezahlten und meine Zweifel wurden langsam weggefegt. Der Welpe, den wir eigentlich ausgesucht hatten, verstarb dann leider aus ungeklärten Gründen, was die Zweifel dann bei mir nochmals aufwachen liess. Sollte es nicht sein? War es doch die falsche Entscheidung? Mittlerweile glaube ich aber, das musste einfach so sein, damit Gadi zu uns kommen konnte, der zu unserem Glück bis dahin noch keine Interessenten hatte.
Ja, und dann kam er, der Tag wo Gadi zu uns zog. Er kam erst mit 13 Wochen zu uns, da es vorher einfach nicht möglich gewesen wäre. Mit Gadi zog nicht nur viel neues Leben zu uns, er brachte auch sehr viel Arbeit mit sich. Ich war hin und her gerissen. Er war so süß, brachte uns viel zum Lachen, spielte mit allen Hunden total glücklich und zufrieden, aber er kannte keine Beißhemmung, biss mir beim Füttern beinahe die Finger ab und konnte einen auf dem Spaziergang manchmal in den Wahnsinn treiben. Doch wir waren trotzdem positiv überrascht. Er machte kaum etwas kaputt, zeigte keine große Scheu und wurde sehr schnell stubenrein. War der TSWH also doch nicht so speziell?



Die Welpenzeit ging schnell vorüber und Gadi wurde ein Junghund. Wir machten Ausstellungen mit ihm, nahmen ihn viel an Orte mit, wo es viele Menschen hat, er hatte viel Kontakt zu anderen Hunden und gehorchte grundsätzlich gut. Manchmal war er etwas übermütig und es gab einige Pullover und T-Shirts, die durch seine enorme Freude und sein gerne zupackendes Gebiss durchlöchert wurden. Außerdem gab es sehr viele blaue Flecken. Gadi war hartnäckig, akzeptierte kein “Nein” einfach so und brachte mich sehr oft an meine Grenzen. Es gab Tage, da war ich mir nicht sicher, ob wir wirklich die richtige Entscheidung getroffen hatten. Je älter er wurde, desto mehr begann ich zu zweifeln. Er forderte mich. Er schaute mich wissend an, dass er gerade etwas macht, was er nicht darf, hörte aber nicht auf, bis ich mich in Bewegung gesetzt habe. Er spielte mit mir und unterdessen bin ich mir sicher, dass sein einziges Ziel dabei war, mich in Geduld zu lehren.



In den 1 ½ Jahren, die Gadi bei uns ist, gab es sicher zwei oder drei Momente, wo ich am Ende war. Ich wusste nicht, was ich noch tun sollte, um aus diesem Hund einen guten Begleiter zu machen. Dazu ist zu sagen, dass meine Ansprüche immer sehr hoch waren. Ich sah irgendwie nicht, wie gut er für sein Alter schon war. Aber jedes Mal, wenn ich kurz davor war, ihn wegzugeben (was Peter natürlich nie zugelassen hätte), benahm sich Gadi wieder vorbildlich. Er kannte mich genaustens. Er beobachtete mich und wusste sehr schnell, wie er mich um die Pfoten wickeln konnte.



Gadi hat immer wieder so Phasen, wo er wieder eine Grenze testet. Eine Zeit lang hat er extrem viel geklaut, jetzt klaut er nur noch, wenn man ihm ein Steak wirklich gerade auf Nasenhöhe setzt (und seine Nase ist hoch ;-)). Dann hatte er eine Phase, wo er, wenn er Mist gebaut hatte, nicht mehr zu mir hinkam. Er hatte auch eine Phase, wo er sehr rüpelhaft war. Aber alles hat sich immer wieder gelegt. Wir sind aber auch immer dran geblieben, haben ihn immer wie einen Hund und nicht wie einen besonderen TSWH behandelt, haben jede Herausforderung von ihm angenommen und dagegen gekämpft und wir haben ihm immer sehr viel Freiheit gegeben.



Jetzt ist Gadi ein treuer Hund mit Ecken und Kanten und die Arbeit hat sich gelohnt. Klar, er ist noch nicht ausgewachsen und wir werden immer wieder kleinere Rückschläge haben, aber Gadi ist ein absolut guter Hund, den man überall mit hinnehmen kann, der Kinder über alles liebt, der genau weiss, wie er uns zum Lachen bringt, der alles für uns tut, sofern wir auch alles für ihn tun, der genau weiss, wenn etwas ernst ist und wenn etwas nicht so wichtig ist, der ein Rudel mit Bravour anführt, der Hunde korrigiert und sie lehrt, der vor ansteckender Lebensenergie sprüht und der uns so viel gibt und uns unendlich stolz macht.




Gadi ist mein wohl größter Lehrer. Er hat mich gelehrt, Kompromisse einzugehen, Geduld zu haben, jemandem Zeit zu geben, etwas umzusetzen und vor allem hat er mich gelehrt, wütend zu sein und trotzdem so sehr zu lieben. Gadi ist mein ein und alles und deswegen war es der einzige richtige Entscheid, einen Tschechoslowakischen Wolfshund als Herausforderung anzunehmen.


Und ich kann euch hier sagen, es wird einen weiteren Tschechoslowakischen Wolfshund geben, irgendwann, obwohl ich lange daran gezweifelt habe."


Text und Fotos: Ramona Zanini
Mehr von Ramona und Gadi gibt es auf ihrem Blogg: http://doggyhz.blogspot.de/
und auf der HP: http://www.doggyhz.ch/.

Weitere Linktipps zum Thema:
http://www.vdh.de/welpen/mein-welpe/tschechoslowakischer-wolfshund
http://www.tschechoslowakischerwolfshund.de/

Vielen lieben Dank Ramona für dieses tolle Portrait einer faszinierenden Rasse. Mich haben deine Worte sehr berrührt und gerade das letzte Bild - mein Lieblingbild von allen die du mir geschickt hast - zeigt wie viel Liebe in eurer Beziehung steckt und das der Weg nicht immer einfach ist - aber es lohnt sich!
Danke für die offenen Worte!


Liebe Grüße

Sali + Chiru

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15 Kommentare

  1. Super schöner Beitrag!!!
    Ich finde diese Rasse auch unheimlich faszinierend und ich finde es auch einfach toll, wie fantastisch er sich bei Ramona macht... Davor ziehe ich immer wieder meinen Hut.

    LG,
    Clara

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    1. Vielen Dank! Das sind ja lobende Worte. Ich fühle mich geehrt. :-)

      Liebe Grüsse
      Ramona und Rudel

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  2. Sehr, sehr schöner Beitrag und an der ein oder anderen Stelle erinnert mich Gadi stark an meine Lilly, die, obwohl "nur" ein Dalmatiner, auch eine echte Herausforderung ist ;-) Aber, und das ist das Schöne, man wächst an seinen Aufgaben :-)

    Liebste Grüße

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  3. Ein toller Beitrag. Und Gadi ist natürlich auch ein gaaanz toller Hund. Aber dass er das mit den Kühlschranktüren hinkriegt, bzw. das seiner Rasse nachgesagt wird, hätte ich doch nicht gedacht.

    Wuff-Wuff Chris

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  4. Das ist ein sehr schöner aufschlussreicher Artikel. Mit ganz viel Liebe geschrieben und tollen Fotos. Ramonas Blog lese ich ja auch schon einige Zeit und staune immer wieder über ihren Hundehort.
    Liebe Grüße vom Emma und Lotte Frauchen

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  5. Na, ob dieser Beitrag schon von Shira gelesen wurde... *gg*

    Tja, so ein Wolfshund macht schon was her, allein der Name. Als ich das erste Mal TSWH gelesen hatte, konnte ich mir überhaupt nichts darunter vorstellen und war zu faul zum Googeln. Dank Ramona weiß ich jetzt bescheid und wie... ;)

    Ich mag die Bilder sehr, die Ramona mit Gadi zeigen. Die gegenseitige Zuneigung und Liebe steht ihnen ins Gesicht geschrieben.

    Auch wenn es manchmal schwer sein mag mit Gadi - ich hatte mal ein Pferd, an dem sich jeder, aber wirklich jeder einen Zahn ausgebissen hat - es lohnt sich, weil es einzigartig ist und bleibt und einen enorm voran bringt.

    Ramona, das machst Du schon...

    LG Andrea

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    1. Vielen Dank! Ja, der Weg ist oft steinig, aber das, was man erreichen kann ist so unendlich wertvoll, da spielt der Weg keine Rolle mehr. Schön, dass du an mich und Gadi glaubst. :-)

      Liebe Grüsse
      Ramona und Rudel

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  6. Liebe Ramona, liebe Sali!

    Ein erfrischend und wohltuend ehrlicher und interessanter Bericht über eine seltene Rasse und eine wunderbare Mensch-Hund-Beziehung, die sich langsam entwickelt hat. Dankeschön.

    Liebe Grüße - Monika mit Bente

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    1. Vielen Dank! Ich bin gerührt.

      Liebe Grüsse
      Ramona und Rudel

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  7. Ein sehr interessanter Artikel.

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  8. Ein sehr schöner Bericht über eine besondere Mensch-Hund-Beziehung. Wir haben ihn gern gelesen.
    Liebe Grüße aus Terrierhausen

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  9. Vielen herzlichen Dank für die lieben Kommentare. Ich bin sehr gerührt. Es hat mir Spass gemacht den Text zu schreiben, schön, dass er berührt.
    Letztendlich muss eben für eine gute Beziehung viel gearbeitet werden, aber das ist ja auch schön und gibt einem Zeit, sich miteinander zu beschäftigen.

    Liebe Grüsse
    Ramona und Rudel

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  10. Na, Ramona, er ist doch so, wie man den TWH beschreibt. Scheu sind TWH schon seit fast 10 Jahren nicht mehr - und sollen sie nach Standard sowieso nicht sein. Den ersten Teil habt ihr ja ganz gut hinbekommen. Jetzt wird er langsam geschlechtsreif und die harte heftige Phase kommt von 3 bis 5 Jahre. Dann, erst dann fängt die wirklich schöne entspannte Zeit an. Aber schön, dass du so ehrlich bist, dass zugibst, auch die Momente gehabt zu haben, wo du überlegt hast, ihn weg zu geben. Viel Spaß weiterhin! Durchhalten ist die Parole! Es lohnt sich. VG Christian www.wolfdogs-siouxtala.de

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  11. Auch ich habe diesen Artikel von Anfang bis Ende genossen! Er ist mit soviel Liebe geschrieben, dass er mich nicht mehr losgelassen hat.
    Auch ich habe die Erfahrung gemacht, dass nicht nur wir etwas den Hunden lehren, sondern wir, gerade bei Hunden, die nicht so leicht zu erziehen sind oder schon eine schwere Vergangenheit haben, von ihnen viel mehr lernen.
    Vielen Dank für dieses tolle Portrait, Sabine

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  12. Wenn hier schon von einem Wolfhund berichtet wird, wäre es schön, wenn man es dann auch richtig schreibt.

    Als „Wolfhunde“ bekannt sind vor allem die Rassen Tschechoslowakischer Wolfhund und Saarlooswolfhund. Diese werden ohne S geschrieben, sehen dem Wolf ähnlich und bewegen sich auch so, selbst die Größe ist gleich.

    Im Gegensatz dazu sind Irische Wolfshunde oder der russische Barsoi "Wolfshunde", da diese zur Jagd auf Wölfe gezüchtet wurden. Wenn man schon recherchiert, dann richtig ;-)

    Schade auch, das hier wieder einmal viel vermenschlicht wird, was mir als Hundetrainer nicht so gefällt. Denn ein Hund ist und bleibt ein Raubtier, kann man auch googeln, was dann bei zuviel Menschlichkeit zu Konflikten führen kann und/oder wird.

    Ein Anfängerhund ist der TWH auf keinen Fall, seine Ansprüche sind dem des normalen Hundes gegenüber viel größer und weit anspruchsvoller. Das kann man dann auch aus diesem Beitrag erlesen. Dies zeigt sich auch bei vielen Verkäufen von TWH's im Alter von 1 Jahr +/-, da die Halter überfordert sind.

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